Aus unserer Corona-Pause
Die derzeit eingeschränkten Möglichkeiten eröffnen viele neue Freiheiten. Von Topagemodel Renate Zott.
Früher haben uns Kunden Wein oder Plätzchen geschenkt, jetzt bekommen wir Klopapier. So ist das in Corona-Zeiten, wenn man erzählt, dass man das weiche Vlies nicht gehortet hat und jetzt die zwei letzten verbliebenen Rollen sparsam einteilt. Immerhin: es ist die nackte Wahrheit. Ich staunte also nicht schlecht, als mein Mann in der vergangenen Woche mit 8 Rollen nach Hause kam, nachdem ich im Supermarkt erneut vor leeren Regalen stand. Dort, wo sie vor Corona hoch gestapelt ihren Platz hatten, jetzt ein großes Schild mit dem Hinweis: nur 1 Packung pro Kunde! Im Notfall helfen war und ist unsere Devise, auch als Handwerker im Bereich Heizung/Sanitär. Wie schön, dass Hilfe nun auf diese Weise zurückkommt, schließlich konnte keiner ahnen, dass in Deutschland mal der Toilettenpapiernotstand ausbricht und sich erwachsene Menschen um’s Papier für’s stille Örtchen schlagen.
Es ist eben alles ein bisschen anders in diesen Tagen und nicht alles ist schlecht. An meinem Job beispielsweise hat sich nichts geändert. Wie jeden Tag sitze ich an meinem Schreibtisch, erledige Büroarbeiten, bin meine Text- und Bildredaktion für neue Artikel und Blogbeiträge. Abends nun keine Verabredungen im Kalender zu haben, trübt meine Freude keineswegs – im Gegenteil. Mein Mann und ich genießen das Mehr an Zeit, die wir gerade geschenkt bekommen. Das ist was neues Schönes in unserem Leben. Gemeinsam kochen, einkaufen, quatschen, gemeinsame Pläne schmieden – unter anderem für Reisen nach Corona. Immer wieder hatten wir uns das in der Vergangenheit vorgenommen und dann kam der Alltag, hat uns einfach so mit allen seinen Belangen, die wir glaubten erfüllen zu müssen überrollt, platt gemacht und erschöpft liegen gelassen. Förmlich völlig gerädert ausgespuckt, an manchen Tagen. Es ist die Macht der Gewohnheit, dieses Stück Beamtentum, das wohl in jedem von uns wohnt und es scheinbar einfacher macht, Lebensgewohnheiten, die einen sogar krank machen, beizubehalten, anstatt mit ihnen zu brechen. Den Stresslevel immer schön hochhalten, obwohl man darunter ächzt; tausendundzwei Erwartungen erfüllen und funktionieren. Vieles davon hat Corona im Handumdrehen abgestellt und wir dürfen ungeahnt aufatmen. Was für ein persönlicher Luxus in diesen harten Zeiten. Wir sind uns völlig bewusst darüber.
Auch darüber, dass es die Millionen Alleinlebender junger und alter Menschen da draußen mit dem >zu Hause bleiben< u. U. hart trifft und natürlich auch die Alleinerziehenden und Familien mit Kindern, die nicht alle den Luxus großzügiger Wohnungen haben; Kinder, Freizeitgestaltung plus Lernen und Homeoffice unter einen Hut bringen müssen. Auch die vielen Existenzen, die Not leiden. Und nicht auch zuletzt die ernsthaft Erkrankten, die um ihr Leben fürchten.
Wie alle Krisen wird auch diese Gewinner und Verlierer haben. Sollten wir zu jenen gehören, die sie gesund überstehen, haben wir schon jetzt eine Menge gelernt. Vor allem, dass es sich lohnt, den Belastungslevel den ganz persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Achtsamer mit sich selbst zu sein. Egal was die anderen sagen. Bewusst NEIN zu sagen, hat für mich eine neue Bedeutung bekommen.